Gott lieben ist die allerschönste Weisheit.

Anders sein möchten sicher viele Menschen. Entspannter, gelassener und einfach mit sich im Reinen wie das lebensweise kleine Einhorn, das ganz selbstverständlich mit den Fledermäusen „abhängt“ – und wie hoffentlich auch sein kleiner Träger.
Viele erwarten auch von Christinnen und Christen, dass sie irgendwie „anders“ sind und leben. Klar, die haben ja schließlich die Zehn Gebote! Das klingt natürlich nicht sofort verlockend. Immerhin fangen acht der zehn mit „Du sollst nicht“ an. Ist Christsein vielleicht doch eine Kombination von allem, was verboten ist? Und alles, was Spaß macht, ist bestimmt dabei?
Auf diese Fragen gibt es eine alte, aber ziemlich geniale Antwort. Anderssein der Christinnen und Christen entsteht nicht aus einer Liste von Pflichten und Verboten, sondern aus – Dankbarkeit! Und auch nicht aus pflichtgemäßer Dankbarkeit. Wie der Dankbrief an die alte Tante für ein gar nicht so sehr passendes Geburtstagsgeschenk. Oder das bittere „Aber man muss ja dankbar sein …“ im Krankenhaus, obwohl eigentlich gerade Angst, Wut und Verzweiflung viel stärker sind.
Der Heidelberger Katechismus, entspannte 510 Jahre alt, packt jedenfalls die ganze Frage nach dem „anderen“ Leben der Christinnen und Christen unter die Überschrift „Von der Dankbarkeit“ – und die Zehn Gebote gleich mit.
Die beiden Verfasser mussten damals noch mit einer anderen schlauen Frage umgehen: Warum überhaupt anders leben, warum noch gute Werke, wenn Gott doch in Christus Leben und Seligkeit schon geschenkt hat?
Antwort: aus Dankbarkeit! Und die, nach biblischem Vorbild, echt und lebendig, so etwa wie frisch verliebt:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103, 2)
Das ist alles andere als ein erdrückendes „Gottesbild“ und keine saure Pflicht. Von diesem Christsein muss keine befreit werden und keiner auf die Couch der Psychiaterin.
„Herzliche Freude in Gott durch Jesus Christus haben und Lust und Liebe, nach dem Willen Gottes in allen guten Werken zu leben.“ Freude, Lust und Liebe! Steht da wirklich (Heidelberger Katechismus Frage 90).
Und dann kommen die Zehn Gebote dran. Aber nicht als „Spaßbremse“, zum Beispiel damit Lust und Liebe nicht übertrieben werden. Sondern als konkrete Freiheit zum Anderssein. Warum?
Wenn irgendwo „anders leben“ oder „gut sein“ erwartet wird, dann hat der oder die, die da sprechen, meistens schon eine klare Meinung, was „in Zeiten wie diesen“ christlich, gut und vernünftig ist. Nämlich seine oder ihre eigenen Forderungen! So höre und lese ich es jeden Tag.
Nein, nein, so nicht! Sondern „aus wahrem Glauben nach dem Gesetz Gottes ihm zur Ehre“. Und nicht „auf unser Gutdünken oder auf Menschengebote gegründet“!
Und Gottes Gebote sind bekannt: Als erstes, keine anderen Götter zu „haben“.
Damit ist nicht die Debatte gemeint, wie viele Götter es „gibt“ oder wie das mit den anderen Weltreligionen ist.
Praktisch gibt es sehr viele Mächte und Gewalten, die geliebt, gefürchtet und geehrt werden, weil von ihnen alles Gute, erfülltes Leben und Anerkennung erwartet werden.
Das fängt mit der Pullovermarke an, die eine Grundschülerin haben „muss“, um sich zwischen die Gleichaltrigen zu trauen. Und es hört da noch lange nicht auf. Mit lebens- und schöpfungsverwüstenden Folgen.
Gleich im ersten Gebot steht das Befreiungsprogramm: den Gott und Vater Jesu „recht erkennen, ihm allein vertrauen und in aller Demut und Geduld von ihm allein alles Gute erwarten.“(Frage 94) – Liebe und Freiheit eben.
Und dann kommt schon bald die „zweite Tafel“: „was wir unserem Nächsten schuldig sind“. Aber eben auch mit Freude, Lust und Liebe!
Und da darf man auch mal konkret nach den Früchten fragen, die da wachsen und die andere Menschen ernten können.
Das war nämlich der nicht so ganz ungefährliche Gedanke der beiden Verfasser, wie man vielleicht eigenen und fremden Glauben erkennen kann: am Entstehen neuer Dankbarkeit und neuen Gotteslobs (Frage 86).
Anders sein und leben, irgendwie weiser. Und das nicht nur wie ein kleines pummliges, aber zufriedenes Einhorn?
Ich wünsche es mir und uns allen zum anders- und neue-Menschen-Sein:
„Herzliche Freude in Gott durch Christus und Lust und Liebe, nach dem Willen Gottes in allen guten Werken zu leben!“ (Frage 90)

Mit den beiden damals blutjungen Verfassern des Heidelberger Katechismus,
Zacharias Ursinus und Caspar Olevian, und den übrigen Mitarbeitenden der Gemeinde grüßt herzlich Ihr und euer

Pastor Stefan Maser


Mehr davon: Okko Herlyn, Was nützt es dir? Kleine Einführung in den Heidelberger Katechismus (Neukirchen 2013)


Ein Monatsspruch aus dem Buch Sirach? Gehört das denn zur Bibel?
Ja, es ist bereits in den alten griechischen und lateinischen Übersetzungen des Ersten Testaments enthalten. Luther hat es trotzdem als „Apokryphe“ aus dem Kreis der verbindlichen Schriften ausgeschlossen und einer Extragruppe zugewiesen, weil ihm das hebräische Original des Buches fehlte.
Später verschwanden diese „Alttestamentlichen Apokryphen“ dann aus vielen evangelischen Bibeldrucken.